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Datum: 01.08.2024

Kein Platz mehr in Steinheim: Die Einquartierung von 500 Soldaten im Januar 1814

Die kriegerischen Auseinandersetzungen in Europa zu Zeiten der Herrschaft Napoleons von 1792 bis 1814 betrafen auch die Steinheimer Bürger in hohem Maße. Immer mal wieder mußten durchmarschierende Truppen kurzzeitig untergebracht und verpflegt werden. Die Einquartierung von Militärpersonen im Kriegsfall in zivilen Häusern war gesetzlich vorgeschrieben und niemand konnte sich dem entziehen.

Akte Einquartierung
Akte Einquartierung

Im Januar 1814 ereilte die Bürger Steinheims aber ein besonders hartes Los. Ein knapp gehaltenes Schreiben vom 2. Januar unterrichte Bürgermeister Vahle nämlich davon, dass die Stadt bereits am nächsten Tage Quartiere und Verpflegung für 500 preußische Soldaten und Offiziere bereitzustellen hatte, und zwar auf längere Zeit:
„Euer Wohlgeboren benachrichtige ich, daß morgen am 3. Januar ein Bataillon Landwehr bestehend aus 500 Mann, 7 Offiziere bey Pferd eintreffen und auf einige Zeit verbleiben werden. Ich ersuche Sie für deren Einquartierung und Verpflegung auf das beste zu sorgen“.

Eine Akte im Stadtarchiv gibt über diesen Vorgang mit einer umfangreichen Korrespondenz Auskunft. Neben dem Briefwechsel des Bürgermeisters mit den Kommandanten und den übergeordneten Verwaltungsbehörden, finden sich auch lange Listen derjenigen Haushalte, welche Unterkünfte für die Soldaten bereithalten mußten. Steinheim zählte zu dieser Zeit 1.350 Einwohner und 280 Häuser, von denen aber nicht alle für für eine Einquartierung in Frage kamen. Nur 12 Häuser waren für die Offiziere und deren Burschen geeignet, 60 Häuser waren in der Lage zwei Soldaten aufzunehmen und 50 Häuser hatten Platz für jeweils einen Soldaten. Die restliche Truppe wurde auf die Räume der großen Deelen der Ackerhäuser verteilt.

Auszug aus der Liste über die Unterbringung von Soldaten in Steinheim
Auszug aus der Liste über die Unterbringung von Soldaten in Steinheim

Die Soldaten mussten aber nicht nur untergebracht, sondern auch angemessen verpflegt werden. Die Steinheimer Stadtchronik verzeichnet dazu minutiös die entsprechenden Abgaben an Korn, Erbsen, Heu, Stroh, Fleisch, Schuhen usw.. Man kann sich gut vorstellen, wie belastend diese zusätzliche Bürde für die Steinheimer Bürger gewesen sein musste. Verzweifelt versuchte deshalb Bürgermeister Franz-Joseph Vahle, die Truppe auch auf die umliegenden Dörfer Ottenhausen, Rolfzen, Vinsebeck und Bergheim, sowie der Stadt Nieheim zu verteilen. Die Offiziere sollten auf verschiedenen adligen Höfen in der Umgebung verteilt werden. Oberstleutnant von Bülow lehnte eine Verteilung jedoch strikt ab.

Aber auch das gesellschaftliche Zusammenleben gestaltete sich schwierig. Den Bürgermeister erreichten Klagen von soldatischen Übergriffen. Überliefert ist insbesondere eine vehemente Beschwerde des Herrn Löddige. Was sich jedoch genau in dessen Haus ereignete, wird nicht ganz klar, da der Brief in einer schwer lesbaren Handschrift verfaßt wurde und zudem auch ziemlich verblaßt ist. Zumindest führte das Ereignis zu einem weiteren Schreiben des Bürgermeisters an den Befehlshaber von Kleist: „Überzeugt daß Euer Hochwohlgeboren es selbst wohl einsehen, daß die hiesige Stadt die Einquartierung, welche dieselbe schon seit seit 3. des Monats gehabt hat, nicht länger ertragen kann, wenn nicht mehrere Bürger ganz ruiniert werden sollen. Bin ich so frey: Hochdieselbe zu bitten, sich doch gefälligst für die Stadt höheren Ortes zu verwenden, daß entweder einige Compagnien in die hier umliegenden Ortschaften gelegt oder wenn es durchaus nicht angehen kann, daß das Bataillon getrennt werde, solches auf eine zeit lang nach Nieheim oder Lüdge verlegt werden möge“. Die Antwort lies nicht lange auf sich warten, so schrieb Herr von Kleist: „Der am 3. Februar verübte Exces in dem Hause des J. W. Löddige hat sich nach einer Untersuchung ergeben, daß dieser Unfug durch die Patrouille begangen wurden, ich habe daher den Unteroffizier, welcher die Patrouille commandierte, mit 4tägigem strengen Arrest und die übrigen 6 Mann mit 2tägigem strengen Arrest bestraft“. Insgesamt zeigte aber der hartnäckige Widerstand des Bürgermeisters seine Wirkung. Schon am 15. Februar sollten zwei Kompanien nach Nieheim verlegt werden, „um die Beschwerden in Steinheim zu beheben“. Aber erst vier Wochen später, am 16. März 1814, hörte die Einquartierung ganz auf.

Kranke im Krätzehaus
Kranke im Krätzehaus

Zurück blieben 9 kranke Soldaten im „Steinheimer Krätzehaus“, welche auf Anordnung des Landrates ärztlich versorgt werden mußten. So hatte dieser bereits am 14. Januar an Bürgermeister Vahle geschrieben: „Nach einer Entscheidung des königlichen Militair Goverments in Münster, sollen die Kranken der Landwehrtruppen da wo noch keine Bataillons Chirurgen angestellt sind, von den Civilärzten bedient, die Arzneien aus den Stadt-Apotheken verschrieben werden. Ich benachrichtige Sie hiervon, um sich in vorkommenden Fällen darauf zu richten“.